1988 - Im Gespräch mit Wolfgnag Küther
Jürgen Meißner berichtet in seinem Fim über einen "Macher, Sportsmann, Freund" und letzten DDR-Meister in der Formel 3
Wolfgang Küther zählt heute zu den Legenden der motorsportlichen Geschichte Deutschlands. Er war dabei, als die Nahtstelle Ost-West im Motorsport zerbrach.
Dass Deutschland nicht nur politisch, sondern auch sportlich getrennt wurde, ist die Tragik verbohrter Ideologien. In der Nachkriegszeit etablierte sich in Ganzdeutschland die heute noch aktive Formel 3. Damit wurde allen Rennsportlern aus West und Ost die Möglichkeit gegeben, sich im Rennsport zu messen. Es war so, als wenn fast bis 1970 die Trennung Deutschlands nicht existierte. Gefahren wurde sowohl auf Rennstrecken im Westen, wie auch im Osten.
Zunächst wurden Ost- und Westdeutsche noch gemeinsam gewertet, dann aber, als die westliche Autoproduktion Fahrzeuge verschiedener Marken und Leistungsklassen unentwegt „ausspuckte“, konnte die DDR, wie auch die anderen sozialistischen Länder, technisch nicht mehr mithalten. Dies insbesondere, als der Osten mangels Produktvielfalt festlegte, dass nur noch Motoren aus den sozialistischen Ländern gefahren werden durften. Was bleib da übrig? Der 2-Takt-Wartburg-Motor. Mit seinen ca. 1000 ccm war er der bis zu 1600 ccm offenen Klasse zunehmend unterlegen. Überrundungen waren an der Tagesordnung, und damit verloren die Rennen an Attraktivität. Schlimmer noch, der Osten wurde regelrecht vorgeführt und damit erfuhr eine Region, in der die Autoproduktion vor dem Krieg zu Hause war, eine politische Demütigung.
Die Folge war, dass zunächst bis 1971 Ost und West noch gemeinsam an den Start gingen, jedoch getrennt gewertet wurden. Ab 1972 wurde die neue Division der C9-Rennwagen für den Osten festgeschrieben und die „Melkus Wartburg“ oder Wartburg 312 Eigenbau“ waren unter sich. Und mit Beginn der 70er Jahre waren dann keine Westrennwagen mehr am Start. Ost und West hatten sich endgültig getrennt.
In dieser Übergangszeit etablierte sich der bei Dresden lebende Wolfgang Küther in der Formel 3. Heinz Melkus, Fahrschulinhaber, Rennwagenbauer und selbst einer der erfolgreichsten Rennfahrer seiner Zeit, also das Urgestein dieser Szene, war der „Stuck des Ostens“ und ventilierte die Szene durch seine Kreativität und seinen unbeugsamen Willen, die Ostrennszene am Leben zu erhalten. In diesen Sog geriet Wolfgang Küther, genannt „Wolle“, mit seinem unermesslichen Tatendrang, mit seinem Ideenreichtum und seiner Zähigkeit, sich immer wieder in Frage stellend. Er genoss aufgrund seiner für diesen Sport hervorragenden Eigenschaften die Aufmerksamkeit westdeutscher Rennfahrer, insbesondere von Freddy Kottulinsky, der ihn in vielerlei Hinsicht unterstützte. Somit entwickelte sich „Wolle“ zwischen den Flanken zweier Profis: Melkus und Kottulinsky. Den Ritterschlag gab er sich selbst, indem Wolfgang Küther seiner Kreativität freien Lauf ließ. Er wurde im wahrsten Sinne zum „Macher“ der Szene.
Im Jahr 1971 wurde er dann folgerichtig mit dem Titel: „Deutscher Meister der DDR Formel 3“ geehrt. Dieser Titel wurde danach nie wieder im Osten vergeben. Die Rangliste der DDR Formel 3 in der B-Wertung führt „Wolle“ bei 18 Starts mit 4 Siegen an. In der A-Wertung steht er mit weiteren 2 Siegen auf der Ebene seines Freundes Freddy Kottulinsky in den ewigen Bestenlisten.
Nach seiner grandiosen Karriere coachte er namhafte Rennsport-Meister, wie Hartmut Thaßler, Bernd Kasper, Heinz Siegert…
Heute, im Jahr 2020, arbeitet er mit 80 Jahren immer noch in verschiedenen Rennteams, tritt im Audi-Sport Seyffarth R8 LMS Cup erfolgreich gegen die Youngster an und ist für Audi Dresden weiterhin als Fahrsicherheitstrainer mit über 280 km/h unterwegs.