Rennsport Seite 4


Die Ära des 1600 Motors beginnt und später die der neuen Rennwagen ML 89 und MB 90

Kurz vor der Wende kam auf Druck der Tschechen und Russen der Lada-Motor mit 1600 cm³. Sie wollten mehr PS, höhere Geschwindigkeiten und damit mehr Popularität. Da laut Reglement nur Motoren aus der sozialistischen Produktion gefahren werden durften, konnte nur dieser Lada-Motor eingesetzt werden. Alternativen gab es nicht. Dieser Motor war aber von vorn herein technisch nicht geeignet.

Mit dem Doppel-Weber-Vergaser wurde noch mehr Leistung erzeugt, was die Motoren nicht auf Dauer abhielten. Der Rennverlauf wurde zum Glücksspiel.

Nähere Erläuterung dazu unter Technik und FAQ.


Ulli Melkus war nicht der Typ jener Rennfahrer, die im Fahrerlager direkten Kontakt suchten, es sei denn, ein fahrerisches oder technisches Problem erforderte dies. Ulli war da eher introvertiert, jedoch mit einer, nicht zu bändigenden Energie.


Der diplomierte Fahrzeugtechniker, als Absolvent der TU Dresden, legte gemeinsam mit seinem Monteur Frank Nutschan oft selbst Hand an. Ulli war der Techniker, der Konstrukteur und Berechner des Speziellen, wie Motor, Vergaser, Statik, Kinematik, Aerodynamik u.ä.

Frank Nutschan war der Ausführende, der Akkurate für Montage, Karosserie und Schweißprozesse und hatte den Gesamtüberblick. Beide ergänzten sich hervorragend, das mussten wir als Konkurrenzteams immer wieder erkennen.


Das Tuning des Motor gehörte zu den Hauptaufgaben von Ulli und zunehmend von Bernd Kasper und Jürgen Meißner in Dresden. Im Team tüftelten sie über optimierte Kipphebelgeometrien, Gasströme, Ventilformen, Pleuelsubstitutionen und vieles andere mehr.

Noch 1988 nahm Jürgen Meißner dazu Kontakt mit dem damaligen Stahlwerk in Freital bei Dresden auf, um Titan für Pleuels zu bekommen. Die dortigen Mitarbeiter der Entwicklung unterstützen das Projekt. Nachdem die Zeichnungen fertig waren und die Pleuels hätten gefertigt werden sollen, kam die Wende und das Ende dieser Idee.

Auf der Motorbremse der Fahrschule "Melkus", wo sonst die RS1000-Motoren geprüft wurden, legten Ulli Melkus und Bernd Kasper die Grundlagen für standfeste und PS-optimierte Motoren.



Das Verdeck aus Polyester, angepasst an den neuen Rahmen, wird aufgesetzt. Alles passt millimetergenau.

An der Entwicklung des neuen Rennwagens war auch Dr. Wobst beteiligt. Wobst war Initiator einer fahrenden Feuerwehr, einem Fahrzeug, was in der ersten Runde des Rennens hinter dem Feld herzufuhr, um bei Unfällen sofort eingreifen zu können. Kurz darauf übernahmen die Tschechen diese Rolle und bauten mehrere Tatra-Fahrzeuge für die Funktionen um. Dies geschah, weil die CSSR immer mehr hochkarätige internationale Rennen ausschrieb. Damit war auch die Anpassung der Sicherheitsstandards verbunden.


1990 in Schleiz

Endlich ist es soweit - der neue Rennwagen wird vorgestellt. Optisch schön sieht er aus. Nun muss er zeigen, was er kann oder besser, was die Konstrukteure in ihn hineingebaut haben. Es ist unrealistisch, dass ein Rennwagen entwickelt wird und er sofort zum Sieg fährt.

Die Herausforderung bestand vor allem darin, Karosse und Fahrwerk so abzustimmen, dass hohe Kurvengeschwindigkeiten erzeugt werden konnten. Diese Erfahrung kann ein Rennwagenkonstrukteur erst nach vielen Einsätzen sammeln. Auch ein MT77 brauchte dazu Jahre und wurde im Prinzip jedes Jahr optimiert. Somit war das Ergebnis entsprechend normal, es gab Probleme, die zu Herausforderungen wurden.

Aber was wäre ein Ulli Melkus ohne diese Herausforderungen? Ohne zu übertreiben: Wäre die Wende nicht gekommen, wäre sicher daraus der neue Phönix geworden.

Das Video von diesem Ersteinsatz in Schleiz ist unter Videos&Filme zu sehen.


Zum Schluss

Ulli Melkus auf einem der schönsten Fotos, das heute in den Zimmern vieler Fans als Poster hängt.

Man kann es nicht oft genug wiederholen, Ulli Melkus war eine Bereicherung des Sports, der in der Marktwirtschaft unbegrenzte Möglichkeiten gehabt hätte.

Professor Hans-Herrmann Braess *), den ich Mitte der 90er Jahre in Dresden betreuen durfte, erzählte ich die vielen Geschichten über den Motorsport im Osten. Er zeigte sich außerordentlich interessiert über die Form und das Ergebnis der Entwicklung von Rennwagen in der DDR. Dabei war er über das hohe technische Verständnis und das Engagement der Rennfahrer und begleitenden Ingenieure erstaunt. Er äußerte dazu, dass solche Leistungen auch in einer Marktwirtschaft selten sind und dass es solche Köpfe in die höchsten Etagen der Automobilkonzerne gebracht hätten. Leider haben dies Ulli Melkus, Bernd Kasper oder Frieder Kramer nicht erfahren können.

*) Prof. Braess war damals Honorarprofessor an der TU München, Dozent der Bayerischen Eliteakademie und von 1980 bis 1996 Leiter der wissenschaftlichen Zentrale der BMW AG.


Ein Unikat

Das Lieblingsbild seiner Witwe Maria.