Vorwort
Die Strecken für die Rennen im sozialistischen Raum waren dadurch geprägt, dass sie sich die Natur ausliehen. Geht man von den Strecken in der ehemaligen DDR aus: Schleizer Dreieck, Sachsenring und Frohburger Dreieck, dann waren diese Strecken normale Straßen, die durch Wälder, Wiesen, Felder und Wohngebiete führten. Dementsprechend waren auch die Sicherheits- bzw. Sturzräume beschränkt. Leitplanken waren absolute Ausnahmen, da sie teuer waren und aus der Mangelware Stahl bestanden. Somit wurden besonders gefährdete Stellen, wie Lichtmasten, Geländer usw. nur mit Strohballen oder alten Autoreifen geschützt.
Gefürchtet waren die Stadtdurchfahrten, wie auf dem Sachsenring. Dort fuhren die Motorräder oder Autos mit weit über 200 km/h durch Häuserschluchten. Die Straßen waren meist mit scharfkantigen Bordsteinkanten versehen. Dort verunglückte Hans-Dieter Kessler, er kam mit schweren Prellungen davon, sein Auto war ein Haufen Schrott.
Nicht besser waren die Straßen außerhalb der Wohngebiete. Auf dem Sachsenring jagten die Rennwagen mit 260 km/h am "Heiteren Blick" durch ein Waldgebiet, links und rechts mit tiefen, bis zu 2 Meter abschüssigen Gräben. Es gab dort keine Leitplanken. So verlor 1985 Erhard Tatarczyk sein Leben nach einer Kollision mit einem anderen Sportfreund, weil er darauffolgend kopfüber mit seinem Rennwagen in den Graben stürzte und meterweit rutschte.
Mitte der 80er Jahre wurden dann zur Herabsetzung der Geschwindigkeiten Schikanen, wie in Frohburg, vor den "Sprunghügel" oder auf dem Sachsenring, am Ende des Heiteren Blicks, eingebaut. Das erhöhte ein wenig die Sicherheit, die Attraktivität litt jedoch darunter. Obwohl der Rennsport in der DDR gute Einkünfte erzielte, wurden die Gewinne in den Sport olympischer Disziplinen umgeleitet. Davon wurden Hallen, Stadien usw. gebaut. Geld und Material für Sicherheit im Rennsport gab man nur im Notfall aus. Aus heutiger Sicht lächerlich wenig.
In anderen sozialistischen Ländern dienten ebenfalls normale Straßen, Landebahnen von Flughäfen oder auch Autobahnabschnitte zu den Rennstrecken. Jedoch waren die Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere in der CSSR durch Leitplankensysteme wesentlich höher.
Anfang der 80er Jahre kamen in Polen und dann in der CSSR die Motodroms auf. Das erste entstand in Poznań/Polen, dann folgten Most/CSSR und Brno (Brünn)/CSSR und in Ungarn entstand Ende der 80er Jahre die Formel 1-Rennstrecke in Budapest. Diese hatten alle das Ziel, westliche Rennen oder sogar einmal die Formel 1 ins Land zu holen. Ungarn hatte es als einziges Land geschafft.
Diese Motodroms waren mit höchsten Sicherheitsstandards versehen und schwere Unfälle waren die absolute Seltenheit, Todesfälle sind nicht bekannt. Daher machte es für die Rennfahrer außerordentlichen Spaß, endlich ihre Grenzen ausloten zu können. Im schlimmsten Fall landete man im Kiesbett und musste mit einem Kran herausgehoben werden. Wenn man Pech hatte, war das Bodenblech ein bisschen deformiert.
Die DDR war von solchen Projekten mit echtem internationalem Charakter weit entfernt, einfach nicht daran interessiert. Die Initiativen vieler Sportfreunde wurden nicht in Betracht gezogen. So entstanden schon vor der politischen Wende Ideen zum Lausitzring und durch Lutz Blütchen zum Motorsportareal bei Großröhrsdorf, westlich von Radeberg bei Dresden. Die politische Ausrichtung war klar definiert: Es gibt keine Unterstützung für einen Sport, bei dem die DDR nicht vorzeigbar ist. Trabant, Wartburg und Lada waren ja nun weiß Gott keine international konkurrenzfähigen Modelle, noch dazu mit Wartezeiten für den Neukauf von 10 Jahren und mehr. Aus dieser Sicht leider verständlich.
Die Politik der anderen sozialistischen Staaten verlief da anders. Allen voran die CSSR, die sich sehr früh dem Westen öffnete und den Motorsport an Betriebe ansiedelte. Der sowjetische Sport war noch Anfang der 80er Jahre zaghaft, aber mit Perestroika gewann die Westanbahnung gewaltig an Fahrt. Die DDR blieb bis kurz vor Schluss in ihrer Haltung einbetoniert.
Die Kritik der Rennfahrer an den ungenügenden Sicherheitszuständen musste ausgewogen sein, denn zuviel davon hätte bedeuten können, dass die Rennen ganz unterbunden worden wären. Also holten sich die Rennfahrer mit Unterstützung der Rennveranstalter die Sicherheit "scheibchenweise".
So blieb es bei Kosmetik an den Rennstrecken, die bis zuletzt Menschenleben kosteten.
Auf vielen Fotos dieser Homepage ist das Profil und der Zustand der Rennstrecken gut zu sehen.